Jüdisch-christliche Feier anlässlich des Gedenkens an die Reichspogromnacht in der Koblenzer Synagoge am Sonntag, dem 14. November 2010.
Zur Erinnerung an die Novemberpogrome 1938 fand wie seit vielen Jahren auch 2010 am Sonntag nach dem 9. November eine Gedenkveranstaltung statt. Der Vorsitzende der Jüdischen Kultusgemeinde Dr. Heinz Kahn konnte über 100 Gäste in der Synagoge begrüßen. Danach richtete die Bürgermeisterin der Stadt Koblenz, Marie-Theres Hammes-Rosenstein, ein Grußwort der Stadt Koblenz an die Versammelten.
Die Gebete wurden von Kantor Joseph Pasternak gesprochen, die biblische Lesung nahm Rabbiner Seew-Wolf Rubins, die deutsche Übersetzung trug Pfr. Hans-Werner Schlenzig vor.
Danach folgte die Ansprache durch den Rabbiner.
Er trug vor, dass der Erinnerungstag in Israel der 28. Nissan ist, eine Woche nach dem Ende des jüdischen Feiertages Pessach. Hier in Deutschland ist der 9. November ein weiterer Tag der Erinnerung, der Tag des Pogroms der zum Beginn der Katastrophe wurde. Er versuchte Antwort zu geben auf die Frage, die viele andere Menschen, damals und auch heute noch stellen: wo war Gott während des Holocausts? Und weshalb hat Gott den Holocaust nicht verhindert?
Er gab sieben Antworten auf diese Fragen.
Seit 70 Jahren leben wir mit der Erinnerung an den Holocaust. Es ist eine Wunde, die man nicht vergisst. Wie werden uns immer wieder fragen: Warum? Aber das Allerwichtigste ist, aus dem, was geschehen ist, Schlüsse zu ziehen.
Danach folgte der Auszug zum Friedhof und die Kranzniederlegung
Rechts Rabbi Seew-Wolf Rubins, links der Landtagsabgeordnete Langner
Links Kantor Pasternak, in der Mitte Bürgermeisterin Hammes-Rosenstein, rechts MdL Langner
Die musikalische Umrahmung wurde durch das Vokalensemble Lucente und Chorschola St. Nikolaus Arenberg unter der Leitung von Chordirektor Dr. h.c. Peter Stilger würdig gestaltet.
Bericht/Fotos: Bodo Zielinski
Vorträge über NS-Täter aus Koblenz und Umgebung
Verfolgung und Widerstand in Koblenz 1933-1945 - Drei Täter -
Die dreiteilige Vortragsreihe mit Powerpoint-Präsentation fand im Wintersemester 2010/11 zum 10. Mal statt. Mit ihr schloss unser stellvertretender Vorsitzender Joachim Hennig diese Serie ab. Im Mittelpunkt standen – wie schon in den letzten Jahren – Täter: drei Männer, die in Koblenz und Umgebung tätig waren und in der NS-Zeit Schuld auf sich geladen haben. Der Oberpräsident der Rheinprovinz Josef Terboven, der Brauereibesitzer Wilhelm Schultheis und der Richter Gustav Kohlstadt.
Josef Terboven (1898 – 1945)
Terboven war in der NS-Zeit als Oberpräsident der Rheinprovinz mehrere Jahre höchster Beamter in Koblenz. In Essen geboren und zur Schule gegangen, nahm er als Freiwilliger am I. Weltkrieg teil und wurde Leutnant der Reserve. Nach einem Studium der Rechts- und Staatswissenschaften, das er nicht zu Ende führte, wurde er Bankbeamter.1923 nahm er am Hitler-Putsch in München teil. Terboven wurde Bezirksleiter der NSDAP und dann Gauleiter in Essen. Bei seiner Hochzeit 1934 war Hitler Ehrengast. 1935 wurde er Oberpräsident der Rheinprovinz mit Sitz in Koblenz. Obwohl formell weiter Oberpräsident, verließ er 1940 Koblenz, um Reichskommissar für das besetzte Norwegen zu werden. Mit Hilfe von SS, Sicherheitsdienst (SD) und Gestapo errichtete er in Norwegen ein straff organisiertes Terrorregime. Die norwegische Kollaborationsregierung mit dem Ministerpräsidenten Quisling unterstand ihm. Am 8. Mai 1945, am Tag der deutschen Kapitulation, beging Terboven in einem Bunker bei Oslo Selbstmord.
Lesen Sie HIER den Vortrag von Joachim Hennig über Josef Terboven.
Wilhelm Schultheis (1908 - 1963)
Schultheis gilt als sehr honoriger Mann. Er ist Ehrenbürger von Weißenthurm. Weitgehend unbekannt ist seine Verstrickung in das NS-Regime. Nach dem Schulbesuch begann er ein Studium. Dies führte er nicht zu Ende, sondern trat nach dem frühen Tod seines Vaters mit 22 Jahren in die Schultheis-Brauerei in Weißenthurm ein. Zusammen mit einem Vetter wurde er 1931 tätiger Teilhaber der Brauerei. Bereits 1933 wurde er Mitglied der NSDAP und der SS. Als „Wirtschaftsführer“ und „Kamerad“ Carl Zenners machte er schnell Karriere: Zeitweilig war er Fürsorgereferent der SS, am 9. November 1938 – am Tage der „Reichspogromnacht“ -wurde er zum SS-Obersturmführer ernannt. Seine Beteiligung an den Novemberpogromen in Koblenz und in Bendorf ist bis heute problematisch. Nach dem Krieg war er 1 ½ Jahre interniert. Im Entnazifizierungsverfahren gelang es Schultheis, im Jahr 1949 nach Vorlage vieler ihm günstiger Erklärungen als Minderbelasteter eingestuft zu werden. Im Jahr 1958 wurde er erster Ehrenbürger von Weißenthurm. Schultheis starb dann bereits 1963.
Lesen Sie HIER den Vortrag von Joachim Hennig über Wilhelm Schultheis.
Gustav Kohlstadt (geb.1899)
Der in (Koblenz-)Pfaffendorf geborene Kohlstadt hat eine für damalige Verhältnisse typische Juristenlaufbahn absolviert: Nach dem Schulbesuch, dem Abitur am Realgymnasium Koblenz im Jahr 1917 und einem Jahr als Soldat im I. Weltkrieg studierte er Rechtswissenschaften und absolvierte den juristischen Vorbereitungsdienst, jeweils mit mäßigem Erfolg. Anschließend war er Hilfsrichter bei verschiedenen Gerichten und Hilfsarbeiter bei Staatsanwaltschaften in Bonn, Trier u.a.1930 wurde er zum Amtsgerichtsrat ernannt. Seit 1933 Amtsrichter in Wuppertal, war er Blockleiter, Mitglied der NSDAP und in zahlreichen ihrer Nebenorganisationen. 1939 erfolgte seine Abordnung an das Amtsgericht und die landgerichtliche Zweigstelle Budweis in Böhmen. Ab 1943 war er Richter beim Sondergericht Prag. Nach dem Krieg und der Entnazifizierung als „Mitläufer“ war Kohlstadt Amtsgerichtsrat beim Amtsgericht in Koblenz. Ende der 1950er Jahre wurde im Zuge der „Braunbuch-Kampagne“ der DDR bekannt, dass er beim Sondergericht Prag an zahlreichen Todesurteilen beteiligt war. „Unter Druck“ trat Kohlstatt Ende 1962 in den Ruhestand.
Lesen Sie HIER den Vortrag von Joachim Hennig über Gustav Kohlstadt.